Haben Sie jemals eine Person, einen Ort, eine Umgebung für selbstverständlich gehalten, und erst nachdem sie weg war, ihren immensen Wert erkannt? Nun, bei einem Wegfall der biologischen Vielfalt würde Sie vielleicht ähnlich reagieren. Obwohl es schwierig ist, ihre Aspekte in Worte zu fassen. Die biologische Vielfalt ist zentral für unser Wohlbefinden, sie sichert ein gesundes Leben und hat ein präventives sowie therapeutisches Potential. Grünraum und Wohlbefinden Allgemein betrachtet ist die Biodiversität die Grundlage unseres Lebens und erbringt die sogenannten Ökosystemleistungen. Durch diese profitieren wir indirekt von der Biodiversität, denn sie liefert uns Arzneimittel und gesunde Nahrungsmittel, sorgt für Ernährungssicherheit und saubere Luft, reinigt das Trinkwasser, baut Schadstoffe ab, sie schützt vor Naturgefahren, bildet Erholungs- und Erfahrungsraum und sie reguliert das Klima, um nur einige Beispiele zu nennen. Wir verstehen sofort, dass der Mensch von der biologischen Vielfalt abhängt und ohne sie nicht überleben kann. Doch welche spezifischen Auswirkungen hat die Natur auf das Leben eines Menschen? Viele Studien belegen, dass der Aufenthalt „im Grünen“ das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen positiv beeinflusst, vor allem bei den Leuten, die in den stark versiegelten Städten wohnen. Und mit "im Grünen" meinen wir nicht die Besteigung des Himalayas. In der Stadt reichen auch kleine naturnahe Grünflächen, begrünte Schulareale oder Gärten. Neben Landwirtschaftsgebieten und Wäldern scheinen auch Gewässer relevant zu sein. Es sind nur wenige Schritte nötig, damit wir uns täglich eine ordentliche Dosis Grün schenken können. Dieser Aspekt der «Suche nach der Natur als Erholung» wurde während des vor kurzem verordneten Lockdowns wegen Covid-19 klar bestätigt. In einer Zeit von sozialem Stress, haben sich die Wälder schnell mit Leuten bevölkert. © Valeria Renna In Norwegen einen Regenbogen geniessend. Wie wirken sich Grünräume auf unserer Gesundheit aus? Gesundheit sollte nicht nur als das Fehlen von Krankheiten und Gebrechen verstanden werden. Sie umfasst weit mehr und wird als ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens definiert (WHO). Grünräume, naturnahe Umgebungen und Naturlandschaften wirken positiv auf uns, weil sie uns die Möglichkeit für Bewegung, soziale Kontakte und Entspannung bieten. Die psychische und physische Gesundheit wird dadurch gefördert und die Wahrscheinlichkeit für Fettleibigkeit, gewisse chronische, infektiöse und nicht übertragbare Krankheiten, Depressionen und Angstzustände reduziert (siehe Kasten "Mehr Informationen"). Der Kontakt mit der Natur wirkt sich auch positiv auf die Entwicklung des Kindes aus. So gibt es Hinweise, dass der Aufenthalt in der Natur bei Kindern mit einer diagnostizierten Aufmerksamkeitsstörung die Aufmerksamkeit verbessert, die Selbstdisziplin und kognitive Entwicklung fördert und das Risiko einer späteren psychischen Erkrankung reduziert. © Valeria Renna Wandern in den Bergen von Bolivien. Die kulinarische Vielfalt fördert unsere Darmflora Ein Zusammenhang zwischen Biodiversität und Gesundheit kann auch in der Küche gefunden werden. Für eine gesunde Ernährung sollten wir uns vielfältig und abwechslungsreich ernähren. Immer bekannter und auch akzeptierter ist zudem die Tatsache, dass unsere Darmflora extrem wichtig für unsere Gesundheit ist [1]. Die Effekte der Darmbakterien reichen weit über die lokale Wirkung hinaus und deren hohe Diversität gilt als günstig. Die grosse Zahl unterschiedlicher Mikroorganismen, die im menschlichen Darm leben, bildet ein dynamisches, offenes Ökosystem, welches geschützt und gefördert werden muss. © Valeria Renna Auf einem Markt in Indien. © Gionata Galloni / Flickr.com Die Vielfalt bei Kürbissen ist nicht nur schön anzuschauen, sondern auch geschmacklich interessant. Vielfältige Natur ist schöne Natur Viele würden dem wohl zustimmen: Eine vielfältige, reiche und üppige Natur ist eine Augenweide. Die Schönheit unseres Planeten beruht auf der Artenvielfalt, die den anderen kargen Planeten im Universum fehlt. Die biologische Vielfalt trägt auch in ästhetischer Hinsicht zur Lebensqualität bei und liefert einige der schönsten Aspekte unserer Existenz wie beispielsweise die Schönheit einer Landschaft. Kennen Sie dieses Gefühl, wenn Sie sich Fotos mit Natur-, Tier- und Landschaftsaufnahmen ansehen und sich automatisch leichter und lebendiger fühlen? Das kenne ich gut, und ich freue mich stets auf Dokumentarfilme, die zeigen, wie schön die «wilde Welt» ist (mehr dazu in unserem Blog-Beitrag). Befragungen haben gezeigt, dass vielfältige Wiesen mit einer abwechslungsreichen Vegetation und strukturreichen Wäldern gegenüber eintönigen Grünräumen bevorzugt werden. Was würden Sie ohne die verschiedenen Farben der Blumen, Meere und Sonnenuntergänge tun? Ohne die Vielfalt der Landschaften, Gebirge und ganzer Ökosysteme? Und diese Aufzählung bezieht sich nur mal auf die visuellen Aspekte der Naturerfahrung. Wir wissen, dass die Natur nicht nur mit den Augen genossen werden kann. Versuchen Sie sich einen Waldspaziergang vorzustellen, auf dem Sie keine Meisen, Spechte, Finken, Tauben singen oder Wasser plätschern hören oder ohne den Duft von geschnittenem Holz oder blühenden Blumen zu riechen. Es wäre definitiv kein befriedigender Spaziergang! © Valeria Renna Schmetterling in Ecuador. © Valeria Renna Flamingo in einer Lagune in Bolivien. © Valeria Renna Bougainville, Myanmar. © Valeria Renna Blume und Biene, Indien. © Valeria Renna Regenwald in Ecuador. Verwendete Literatur [1] Gut microbiota and gastrointestinal health: current concepts and future directions, 2013 scnat (2019): “Biodiversität, eine Garantie für Gesundheit?»